Ausbildungsbeginn auf dem Bauernhof
23.08.2017
Für die neuen Auszubildenden der EthikBank beginnt die Lehrzeit auf dem Bauernhof.
"Ein Knochenjob"
10:30 Uhr in der Agrargenossenschaft Buchheim-Crossen in Etzdorf, zwei junge Männer sitzen erschöpft im Schatten vor den Pferdeställen und beißen genüsslich in ihre Frühstücksstullen. „Das haben wir uns verdient!“, sagt der 17-jährige Sebastian Pfeil aus Bad Klosterlausnitz. „Seit 6:00 Uhr sind wir auf den Beinen, haben die Pferde auf die Koppel geführt und gleich begonnen die Ställe auszumisten.“ „Dazu gehört auch gründlich zu kehren und überall frisches Stroh einzustreuen.“ ergänzt Robin Küfner, 21 Jahre aus Jena. Ein paar Kilometer weiter, in Buchheim, treffen wir zwei weitere vermeintlich junge Landwirte, den 18-jährigen Cederic Schubert aus Großbocka und den 17 Jahre alten Brian Trinkler aus Eisenberg. Routiniert führen uns die beiden durch den Stall, erklären und zeigen uns das Gelände und berichten von ihrem Arbeitsalltag auf dem Bauernhof. Wie bei ihren Kollegen in Etzdorf, stehen die Sauberkeit des Hofes und das Wohl der Tiere an oberster Stelle. Für die Jungs bedeutet das den ganzen Tag kräftig beim Ausmisten, Kehren oder Füttern anzupacken.
Seit Anfang August gehört die Arbeit auf dem Bauernhof zum Alltag der vier jungen Männer. Nach vier Wochen müssen sie jedoch ihre grüne Latzhose und Gummistiefel wieder an den Nagel hängen und stattdessen in Anzug und Krawatte schlüpfen. Statt Schubkarre und Mistgabel sind Laptop und Kugelschreiber die ersten Arbeitsgeräte, nach denen morgens gegriffen wird. Darüber sind Robin, Sebastian, Brian und Cedric jedoch nicht traurig, schließlich lernen sie seit dem 1. August den Beruf des Bankkaufmannes in der EthikBank.
Schon seit 12 Jahren greift das ethisch-ökologische Kreditinstitut zu dieser außergewöhnlichen Maßnahme beim Berufsstart. „Uns ist wichtig, dass die Jugendlichen am eigenen Leib erfahren, wie hart unsere Kunden für ihr Geld arbeiten. Nur so lernen sie, später verantwortungsvoll mit diesem Geld umzugehen.“ sagt Katrin Spindler, Vorstand der Bank.
Auch die vier angehenden Bankkaufleute haben nach anfänglicher Verwunderung über den ungewöhnlichen Ausbildungsbeginn erkannt, warum die Bank diesen Weg geht. „Wir lernen uns hier unter ganz anderen Umständen kennen und müssen im Team gut zusammenarbeiten.“, erzählt Brian. Ihren Kollegen auf dem Bauernhof begegnen die jungen Leute mit viel Respekt. „Die Arbeit hier macht schon Spaß, aber den Rest meines Lebens könnte ich das nicht.“ meint Cederic Schubert ehrlich. „Die Arbeit ist echt hart und geht ganz schön auf die Knochen! Jetzt weiß ich warum es „Knochenjob“ heißt. Man ist den ganzen Tag auf den Beinen – auch am Wochenende. Die Tiere können sich ja nicht selbst versorgen. Es ist wirklich eine wertvolle Erfahrung zu sehen, wie es in anderen Berufen zu geht. Wir können hier viel für die Zukunft mitnehmen und harte Arbeit hat noch niemanden geschadet.“ ergänzt Schubert, der im Gegensatz zu seinen Azubi-Kollegen, ein Berufsakademie-Studium über die EthikBank absolviert.
Geschäftsstellen-Leiter im 2. Lehrjahr
Die Bank muss sich keine Sorgen machen, dass einer der vier spontan zum Landwirt umschult. Alle freuen sich schon auf die Aufgaben, die in der Bank künftig auf sie warten. Von ihren Vorgängern wissen sie bereits, dass die Ausbildung in dem genossenschaftlichen, alternativen Kreditinstitut nicht dem typischen Klischee entspricht. Statt Kaffee kochen, Akten abheften und Überweisungen entgegen nehmen, warten bereits von Anfang an richtige Aufgaben auf die Neulinge. Der Nachwuchs wird in allen Abteilungen ausgebildet: im Servicecenter, in der Kundenberatung, im Kreditbereich und sogar in der Marketing-Abteilung. Die Auszubildenden lernen früh Verantwortung zu tragen. Im zweiten Lehrjahr leiten sie sogar eigenständig die regionalen Geschäftsstellen der Volksbank Eisenberg (Mutter der EthikBank). „Das Projekt Azubi-Geschäftsstelle erwies sich als voller Erfolg.“ freut sich Ausbildungsleiterin Kathrin Appelt. „Durch den Sprung ins kalte Wasser lernen die Azubis schnell, wie es in der Praxis läuft. Natürlich passieren auch Fehler, es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Aber wir merken, wie die jungen Leute durch das Vertrauen, welches wir in sie setzen, regelrecht aufblühen.“
Zurück auf dem Bauernhof, wollen wir die angehenden EthikBanker nicht weiter von der Arbeit abhalten und uns durch den Kuhstall auf dem Heimweg machen, doch mehrere respekteinflößende Kühe versperren uns den Weg. Ohne Scheu geht Cederic auf die Tiere zu und bringt sie behutsam zum Weitergehen. „Wir machen den Weg frei!“ grinst er, schnappt sich Schubkarre und Mistgabel und widmet sich wieder seinen Aufgaben.
(Zeichen: 4690)
Bilder 1-5: © Fotostudio Arlene Knipper-Berg
Bilder 6-8: © EthikBank